Reformkommunismus

Reformkommunismus
Re|fọrm|kom|mu|nis|mus 〈m.; -; unz.; bes. in der Sowjetunion〉 nach einer Umgestaltung der kommunist. Machtpolitik strebende, gemäßigte Richtung des Kommunismus

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Re|fọrm|kom|mu|nis|mus, der:
Richtung des Kommunismus, die nationale Besonderheiten hervorhebt [u. die diktatorisch-bürokratische Ausprägung des Kommunismus in der Sowjetunion ablehnt].

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Refọrmkommunismus,
 
Bezeichnung für Strömungen innerhalb des Kommunismus, die unter Wahrung des Führungsanspruchs der KP die unmittelbare Herrschaft des Parteiapparates abbauen und eine »politische Demokratie auf sozialistischer Basis« errichten wollten; dabei sollten nationale Eigenarten und Grundrechte des Bürgers gewahrt werden.
 
In diesem Sinn wandten sich die jugoslawischen Kommunisten ab 1948 gegen das stalinistische System und entwickelten ein auf der Selbstverwaltungsidee beruhendes eigenes kommunistisches Gesellschaftsmodell (Titoismus). Unter dem Eindruck der Entstalinisierung in der UdSSR (1956) konzipierte die Gruppe um W. Harich in der SED Gedanken eines »dritten Weges« zwischen Kapitalismus und dem in der DDR praktizierten bürokratisch-diktatorischen System, das u. a. innenparteiliche Demokratie, Umwandlung der Volkskammer in ein demokratisches Parlament, Auflösung des Staatssicherheitsdienstes, Dezentralisierung der Leitung der Wirtschaft vorsah. Gewisse Ansätze einer »Liberalisierung« leiteten nach blutiger Niederschlagung von Aufständen (Polnischer Oktober, ungarischer Volksaufstand) W. Gomułka und J. Kádár nach 1956 ein. In der Zeit des »Prager Frühlings« (Januar-August 1968) suchten tschechoslowakische Reformkommunisten unter Betonung marxistisch-leninistischer Grundvorstellungen Staat und Gesellschaft zu liberalisieren (»Sozialismus mit menschlichem Antlitz«), wurden jedoch durch den Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes gewaltsam daran gehindert. Der Eurokommunismus, ab Mitte der 70er-Jahre v. a. von der spanischen und italienischen, zum Teil auch von der französischen KP vertreten, suchte sich stärker von den marxistisch-leninistischen Denkmustern zu lösen und den Marxismus enger mit pluralistischen Vorstellungen zu verbinden. Mit dem Mitte der 80er-Jahre eingeleiteten »Umbau« der sowjetischen Gesellschaft (Perestroika in Verbindung mit Glasnost) stellte M. S. Gorbatschow unter Bekenntnis zu Lenin grundlegende Postulate der vorherigen politischen Praxis in der Sowjetunion infrage. Das in diesem Prozess vollzogene Abrücken der UdSSR von ihrem Hegemonieanspruch innerhalb des Ostblocks ermöglichte eine unabhängigere, in einzelnen Staaten (z. B. Ungarn) vorübergehend auch stärker von national- und reformkommunistischen Kräften beeinflusste Politik, die aber bald vom generellen politischen Umbruch in Mittel- und Osteuropa (1989-91) und dem Zusammenbruch der dortigen kommunistischen Ordnung abgelöst wurde. Auch Gorbatschows eigentlich auf eine Modernisierung der Sowjetunion gerichtete Reformpolitik, die - entgegen ursprünglicher Absichten - sogar zu einer Aufgabe des Machtmonopols der KPdSU (1990) führte, rief eine schwere gesamtgesellschaftliche Krise hervor und mündete angesichts der sich zuspitzenden Wirtschaftsprobleme, der aufbrechenden Nationalitätenkonflikte, der Unabhängigkeitsbewegung der Unionsrepubliken und zunehmender Machtkämpfe zwischen Radikalreformern und orthodoxen kommunistischen Kräften im Zerfall der UdSSR. (Nationalkommunismus)
 
Hier finden Sie in Überblicksartikeln weiterführende Informationen:
 
Sozialismus: Sozialismus im 20. Jahrhundert
 

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Re|fọrm|kom|mu|nis|mus, der: Richtung des Kommunismus, die nationale Besonderheiten hervorhebt [u. die diktatorisch-bürokratische Ausprägung des Kommunismus in der Sowjetunion ablehnt]: Mit einer »Mixtur von linker Sozialdemokratie und Reformkommunismus« will Brandenburgs PDS-Fraktions- und Landesvorsitzender Lothar Bisky das Erbe des Bundesvorsitzenden Gregor Gysi antreten (taz 29. 12. 92, 4).

Universal-Lexikon. 2012.

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